MISSION weltweit – Ausgaben 2024

16 LIEBENZELLER MISSION AKTUELL FOTOS: ROSITA SUCHALLA Auf Gebetsreise für Bedürftige SPANIEN. In unserem Gottesdienst in Benicarló gibt es eine Zeit für Stille und Gebet, um auf Gott zu hören und mit ihm zu reden. Ich schließe meine Augen, und es schießt mir durch den Kopf: „Bete für den Mann vor dir.“ Seine Wohnung wurde besetzt, und er lebt auf der Straße. Eine Hausbesetzung ist in Spanien illegal, aber eine sofortige Räumung mit polizeilicher Hilfe ist nur binnen 48 Stunden möglich. Danach kann man erst nach einem langwierigen Verfahren seine Wohnung wieder beziehen. Es ist ein umstrittenes und für Eigentümer sorgenvolles Thema. Der Mann kommt regelmäßig, um bei uns in der Gemeinde zu duschen, etwas zu essen und um Gottes Wort zu hören. Eine Gebetsreise durch den Raum beginnt: Mein Blick wandert von einem zum anderen, und ich bringe Jesus meine Anliegen für die jeweilige Person. Die ältere Frau, die sonntags immer ihre Enkeltochter mitbringt, kämpft sich unter der Woche durch schlecht bezahlte Jobs, bis ihre Tochter das Studium fertig hat. Davor sitzt die Mutter, deren Teenies in der Identitätskrise stecken. Gehen sie weiter den Weg mit Gott und wagen eigene Schritte? Wie kann man die Beziehung mit den Kindern auch in dieser Phase aufrechterhalten? Der Mann mit Herzinsuffizienz links vom Mischpult schafft es einfach nicht, mit dem Rauchen aufzuhören. Neben ihm seine Frau, die nicht weiß, wie sich der Schuldenberg abtragen lässt. Sie übernimmt mit Hingabe die unangenehmsten Jobs in der Gemeinde. Die junge Mutter vor ihnen hofft seit Monaten, dass ihre kleine Tochter die dringende Herzoperation bekommt. Daneben der Vater, der nach zwei Jahren seine legale Aufenthaltsgenehmigung erhalten hat. Ob er nun endlich eine Arbeit findet, die seine Familie ernährt? In der zweiten Reihe hat die Frau aus dem Leitungskreis Platz genommen, deren Treue und Demut vorbildlich sind. Ihre größte Sorge ist ihr Mann, der nebenan in einer Bar wartet und sich nicht traut, auf Jesus zuzugehen. Der Sohn der beiden möchte zu Gott gehören und spürt seine Nähe. Trotzdem interessieren ihn die Evolutionstheorie und das Zeitalter der Dinosaurier brennend, und er fragt sich, wie alles zusammenpasst. In der letzten Reihe ist die starke Frau, die von ihrem Mann verlassen wurde und immer ein Fels für ihre Kinder und die Gemeinde war. Aber innerlich ist sie so verletzt, dass es ihr schwerfällt, sich für andere zu freuen. Neben ihr sitzt der Lehrer, der viel lieber die Bibel ins Valenciano übersetzen würde, statt vor gelangweilten Teenies zu unterrichten. Vorn in der ersten Reihe schaffen es die Kinder tatsächlich, ganz ruhig dazusitzen. Der Mann neben mir reißt mich aus dem Gebet. Er und seine Frau sind in der Hoffnung auf bessere Arbeitsstellen hierhergezogen. Jetzt betet er den 5. Vers aus Psalm 8. Besser lässt es sich nicht ausdrücken: „Was ist da schon der Mensch, dass du an ihn denkst? Wie klein und unbedeutend ist er, und doch kümmerst du dich um ihn.“ Oft werden wir gefragt: Warum ist Gemeinde so wichtig? Weshalb kommen wir zusammen? Wir sind ein bunter Haufen bedürftiger Menschen, die eines verstanden haben: Wir benötigen Jesus, und wir wollen ihn loben und preisen. Denn er kann uns Freude im Leid schenken, will sich um uns kümmern und kennt uns bis ins kleinste Detail. Rosita Suchalla Im Gottesdienst in Benicarló ist immer Raum fürs Gebet Hinter den Mauern: Leid und Sorge

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